Vampire: the Requiem (3/3)

Beispielcharakter: Nicolai Kovarnyî, Harpie Chicagos

(Anmerkung: Nicolai ist seit etwa 50 Jahren ein Vampir, hat einmal Diablerie begangen und 26 zusätzliche XP, die von seinem Alter und dem Minispiel Leiter Erklimmen stammen.)

In der Gesellschaft der Sterblichen ist Nicolai ist der Inhaber von Kovarnýi & Sons Antiquities, einem alteingesessenen Importgeschäft. Es ist eine nicht sonderlich bekannte Tatsache, dass er auch der Besitzer des Four Deuces ist, eines hochklassigen Nachtclubs im Stil der 20er Jahre, der nach Al Capones Bordell benannt ist. Möglicherweise könnte man Gerüchte aufschnappen, dass er als Hehler oder vielleicht sogar Mafiaboss in der Unterwelt tätig ist, aber bisher konnte man ihm nichts nachweisen.

Nicolais Geschichte begann als dritter Sohn eines russischstämmigen Gangsterbosses, dem es bestimmt war, als öffentliches Gesicht für die Familie zu dienen und im Zweifelsfall den Kopf für seine Brüder hinhalten zu müssen. Mit seinem Schicksal nicht zufrieden stürzte er sich im College in seine Studien, um möglicherweise eines Tages seiner Familie den Rücken kehren zu können, und traf dort Constance Leuwenworth-Smith, die er zuerst für eine Dozentin hielt.
Die Wahrheit erfuhr er erst, nachdem sie sich besser kennengelernt hatten und einige Abende in faszinierenden philosophischen Diskussionen verbracht hatten: sie war eine Vampirin und bot ihm an, ihr Abkömmling und Schüler zu werden. Nicolai warf alle Bedenken über den Haufen und willigte ein. Constance machte ihm zu einem Vampir und eröffnete ihm die Welt der Nacht. Er wurde einer von Constances Lehrlingen im Ordo Dracul und dank seiner Fähigkeiten in der Gedankenkontrolle übernahm er den Familienbetrieb und kultivierte eine beinah comichafte Erscheinung als Mafiaboss: er legte sich ein Faible für Nadelstreifenanzüge und einen leichten russischen Akzent zu, nahm Kontakte zu den Reichen und Schönen auf und schien seine Finger in allem drin zu haben.

Was könnte ich Ihnen anbieten, dem sie nicht widerstehen würden?


Vampire: the Requiem (2/3)

Schablone: Vampir

Für die allgemeinen Regeln der CofD und die Charakterentwicklung verweise ich mal auf dieses Post, hier möchte ich vor allem die übernatürliche Schablone „Vampir“ und ihre Regeln besprechen.

Vampire altern nicht, sind immun gegen Krankheiten und Gifte (außer Schlangengifte, die Blut angreifen), benötigen weder Atemluft noch konventionelle Nahrung und können die meisten Verletzungen ohne längerfristige Folgen heilen. Allerdings sind sehr verwundbar durch Feuer, müssen Blut trinken, um ihre Wunden zu heilen und um nicht in Torpor (todesähnliche Starre) zu verfallen, und während direktes Sonnenlicht sie innerhalb von Augenblicken vernichtet, zwingt sie bereits das ungesehene Aufgehen der Sonne in einen tiefen Schlaf.

Doch unser Requiem versteckt das Grauen.


Vampire: the Requiem (1/3)

Vampire: the Requiem
von Onyx Path Publishing

Dieses Spiel ist die erste übernatürliche Hauptlinie der Chronicles of Darkness und natürlich der geistige Nachfolger von Vampire: the Masquerade der klassischen Welt der Dunkelheit. Viele der Mechanismen der cWoD wurden übernommen, während der Hintergrund einer gründlichen Revision unterworfen wurde.
Die Strix-Chronik, so der inoffizielle Name der zweiten Edition von VtR, ist der Teil der Chronicles of Darkness, der sich sowohl im Hintergrund als auch in den Regeln am meisten von der ersten Edition unterscheidet. Während VtR1 noch stark daran arbeiten musste, sich vom Vorgänger VtM zu unterscheiden, und zwischen den Zeilen eine Menge „wir machen das ab jetzt so …“ zu finden war, konnte VtR2 aus dem Vollen schöpfen und alles, was VtR1 (und die NWoD im Allgemeinen) in einem Jahrzehnt auf die Beine gestellt hat, in ein elegantes Ganzes verwandeln.

Vampire sind nicht erst seit dem Erfolg von Anne Rice beliebte Motive in der Horror- und phantastischen Literatur (oder Young Adult Romanzenschwarten …  *seufz*), aber sie hat viel dazu getan, den Vampir als von seinen düsteren Zwängen getriebenen und unter ihnen leidenden Charakter darzustellen, der zwar monströs aber nicht nur Monster ist (wobei das natürlich auch nicht auf ihrem Mist gewachsen ist, sondern schon Shelleys Frankensteins Monster dieses Thema aufgreift). Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Welt der Dunkelheit und auf die eine oder andere Weise verkörpert jedes Monster eine gewisse menschliche Schwäche oder ein psychologisches Problem, ins Fiktionale überhöht. Auf diese Weise sind die Vampire der Welt der Dunkelheit suchtgeplagte Kontrollfreaks, die den Menschen in ihrer Umgebung sprichwörtlich das Leben aussaugen.

Wie sehr das Drama ausgespielt wird, hängt natürlich von der jeweiligen Spielgruppe ab. VtM hat sich schon sehr gut als Superhelden-mit-Reißzähnen-und-Trenchcoat spielen lassen und auch  in diesem Sinne ist VtR ein würdiger Nachfolger.

Wir tragen eine Maske der Menschlichkeit.


Chronicles of Darkness: Hausregeln

Wie schon angekündigt, kommt hier eine Übersicht über Dinge, die mir in der ersten Edition der Chronicles of Darkness, d.h. der New World of Darkness, besser gefallen haben.

Tugenden und Laster

In der CofD können diese Charaktereigenschaften völlig frei gewählt werden (d.h. „Egoismus“ kann eine Tugend sein, während „Freundlichkeit“ als Laster fungieren kann) während sie in den NWoD alle Varianten der sieben christlichen Tugenden und sieben Todsünden waren (beispielsweise ist „Egoismus“ eine Variante von „Geiz“).

In der NWoD müssen Ausübungen beider Charaktereigenschaften Kosten mit sich bringen: Tugenden müssen auf irgendeine Weise den schwierigen Weg bedeuten (ein Multimillionär, der einem Bettler läppische $ 50 gibt, handelt nicht im Sinne der „Nächstenliebe“) und Laster müssen einen Vorteil mit der Möglichkeit für Nachteile mit sich bringen (ein „habgieriger“ Politiker riskiert, dass seine Korruption bekannt wird). In der CofD kann der Spieler sie einfach durch Erzählung „abarbeiten“ – was bei so weichgespülten Lastern, ähm, ich meine „Lastern“ wie „Traurig“, „Fröhlich“ oder „Geschwätzig“ (alles Laster offizieller Beispielcharaktere) eigentlich ständig möglich ist.

Ich bevorzuge die Tugenden-und-Laster-Regeln der ersten Edition, da sie so mehr Bedeutung für den Charakter habe, weshalb ich  Larrys Tugenden und Laster (und auch die aller folgenden CofD-Charaktere) so geschrieben habe. Zusätzlich macht es die Zuordnung zu den jeweils sieben Tugend/Laster-Kategorien den Spielern einfacher, Regeln zu schreiben, die diese aufgreifen.

Ich werde es erschaffen und zum Leben erwecken!!!


Chronicles of Darkness (4/4)

Beispielcharakter: Larry Gladstone – GlassChrysalis

Larry arbeitet als SysAd für die Uni von Chicago und hat sein relaxtes Studentenleben in seinen Berufsalltag gerettet. Vor einigen Wochen hatte er einen ziemlich wirren Traum: In ihm fuhr er auf dem L durch Chicago, doch plötzlich riss eine Wolke metallisch blinkender Schmetterlinge das Dach des Wagens fort, für einen Moment starrte Larry in einen Himmel, der wie die Unterseite einer gewaltigen Maschine aussah und dann bohrte sich einer der Schmetterlinge in seine Stirn. Nach dem Traum hatte Larry zuerst einen schlechten Joint in Verdacht, aber am nächsten Tag war er sich dann doch nicht mehr so ganz sicher.

Wenn er nun durch die Straßen von Chicago geht, erkennt er Strukturen in Gebäuden und Maschinen – oder besser: er sieht sie, ihre Bedeutung versteht er nicht. Nähert er sich ihnen, hört er das Surren von Zahnrädern und manchmal riecht er Öl und Ozon. Dank seiner alternativ angehauchten Freundin Annie hat er genügend Erfahrung mit New Age-Spiritualität gesammelt, dass er etwas Übernatürliches erkennt, wenn er es sieht, und hat sich in entsprechenden Kreisen im Internet umgesehen: mittlerweile hat er Kontakt zu einer Gruppe namens DesignWeavers aufgenommen. Trotz des Namens, der sich anhört, wie aus einem überbewerteten Rollenspiel geklaut, scheinen die Mitglieder der Gruppe etwas zu wissen. Sie glauben, dass sich die Wahrheit der Welt immer der Erkenntnisfähigkeit der Menschheit anpasst und sich dementsprechend verändert. Früher brauchte es Propheten und Philosophen, aber in der Neuzeit kriegt man Erleuchtung in Form von Technologie – heute muss man sich selber einen Weg durch den Weltmechanismus suchen und Gott hacken …

Vielleicht spricht Gott im Morsealphabet?


Chronicles of Darkness (3/4)

Regeln

Das erste Buch, das die Regeln der zweiten Edition der Neuen Welt der Dunkelheit im Detail hatte, war The God-Machine Chronicle. Etwas später kam die „tatsächliche“ zweite Edition unter dem Namen Chronicles of Darkness raus, die einige zusätzliche Regelkomplexe und Korrekturen aufwies und den kompletten Text der GMC als zweiten Teil hatte.
Das Grundregelwerk deckt so gut wie alle Bereiche des Spiels ab: Fertigkeiteneinsatz, Kampf, soziale Interaktion und so weiter und so fort. Nachdem viele der spielbaren Monster „Upgrades“ zu normalsterblichen Menschen sind, sind auch ihre speziellen Regeln Upgrades und Zusätze zu diesem Regelwerk.
In diesem Post werde ich die Basisregeln der CofD bzw. der normalen Menschen beschreiben, die entsprechenden Zusatzregeln für Monster kommen in den entsprechenden Besprechungen.

(Übrigens könnt ihr hier ein Einsteiger-SAS mit den meisten nWoD 1.0-Regeln und hier ein Regelupdate für die CofD finden. Zusammen sind die beiden eigentlich fast alles, was ihr für eine Sterblichen-Chronik in der neuen Welt der Dunkelheit zweiter Edition braucht.)

(Anmerkung: Ich bevorzuge einige Regeln aus der ersten Edition, aber möchte damit nicht diese Besprechung verstopfen. Erwartet ein Hausregelpost, wenn das Review der Grundregeln vorbei ist.)

In den Chroniken der Dunkelheit wird so gut wie alles in formschönen 0 bis 5 Bommeln pro Wert angeben, die auf dem Charakterbogen gut ausschauen und einen visuellen Eindruck der Kompetenz des Charakters geben: je mehr , desto besser.

Klick, klick, klick …


Chronicles of Darkness (2/4)

Hintergrund: Die Gott-Maschinen-Chronik

Das Grundregelwerk der Chronicles of Darkness ist auf das Spielen normaler Menschen – möglicherweise mit kleineren okkulten Fähigkeiten und Kenntnissen – ausgerichtet, die mit unerklärlichen Phänomenen konfrontiert werden. Dabei stellt das Buch einen ganzen Katalog an möglichen Plots zur Verfügung: Geister und Dämonen, die aus einer jenseitigen Welt stammen, Kryptiden und andere Monster, die abgesondert von der Menschheit leben, Verschwörungen und Kulte, die sich in der Gesellschaft verstecken.

Die Welt der Dunkelheit, die das Grundregelwerk beschreibt, ähnelt im Großen und Ganzen unserer eigenen, allerdings ist sie … nunja, dunkler. Nicht viel, aber trotzdem spürbar: Die Menschen sind ein bisschen zynischer, ein bisschen mehr selbstsüchtiger und weniger empathisch und ein bisschen mehr gewillt, wegzuschauen, wenn irgendetwas passiert, das unheimlich oder gefährlich ist, solange es nur sie selbst in Ruhe lässt. Den monströsen Wesen ist das ganz recht – da niemand genau hinschaut, können sie sich einfacher verstecken und auch einfacher nehmen, was sie selbst haben wollen oder brauchen.

Das Spiel dreht sich um diejenigen, die nicht mehr wegschauen können und nicht in die ach so bequeme Unwissenheit zurückfallen können. Etwas Monströses hat ihr Leben verändert und nun müssen sie auf die eine oder andere Weise die Dunkelheit konfrontieren – dies trifft allerdings nicht nur auf die normalen Menschen zu, sondern auch auf die „Monster“, die man in den anderen Serien spielt: auch für Vampire, Werwölfe und Magier gibt es etwas Größeres und Schrecklicheres, das sie bedrohen kann.

Was gefallen ist, kann wieder auferstehen!


Chronicles of Darkness (1/4)

Chronicles of Darkness
von Onyx Path Publishing

Im Jahre 1991 brachte der Verlag White Wolf Gaming Studio unter Leitung des Autors Mark Rein*Hagen Vampire: the Masquerade, das erste Spiel der späteren World of Darkness, heraus. Es handelte sich dabei um ein Horrorspiel, in dem die Spieler die Rolle von neu geschaffenen Vampiren übernehmen, die versuchen, einen Platz in der gefährlichen, intriganten Gesellschaft der Vampire zu finden, umgeben von jahrhundert- oder jahrtausendalten Wesen mit rätselhaften Zielen, und die ganze Zeit mit dem Bewusstsein, dass wohl mit dem Herannahen des Jahres 2000 das Ende der Welt nahe ist. Aufbauend auf dem Erfolg von V:tM baute White Wolf die Reihe aus und schrieb zusätzliche Bücher mit Werwölfen (Werewolf: the Apocalypse), Zauberern (Mage: the Ascension) und diversen anderen Monstern, Horrorwesen und Halbmenschen, die sich im düsteren Urban Fantasy-Setting der Welt der Dunkelheit umhertrieben.

Als im Jahr 2004 dann endlich mit dem Band Time of Judgment das Ende der Welt und des Metaplots, der sich mehr oder weniger gut durch alle Spiellinien zog, gekommen war, beendete White Wolf die (von nun an so genannte „klassische“) Welt der Dunkelheit und begann damit, eine New World of Darkness zu veröffentlichen. Dieses neue Spiel bestand aus Neuinterpretationen der Monster der Originalserie, strich den weltumspannenden Metaplot und holte den Horror auf eine persönlichere Ebene herunter – und gab den Spielern eine neue, verbesserte Edition des Regelwerks.

Ich trinke niemals … Wein.


Secret World Legends – 6 Monate später

Ah, whatever … ich denke, ich sollte mich für mein letztes Post entschuldigen und vielleicht eine kleine Warnung aussprechen: bleibt um Himmels Willen weg von Secret World Legends solang ihr keine hohe Frusttoleranz habt. Funcom hat mit seinem Neustart sowas von ins Klo gegriffen, wirklich bemerkenswert.

Natürlich, die Story und die Atmosphäre im Spiel sind immer noch die gleichen und gleich großartig wie früher und insgesamt läuft das Aufstufen parallel zum Durchspielen der Regionen etwas flüssiger ab und die Garderobenfunktion ist viel angenehmer zu benutzen.

Aber …

Oh, Mann. So viele aber.

Ich habe selten ein Spiel gesehen, in dem das Aufleveln, möglicherweise das Wichtigste zum Anfixen der Spieler an das Spiel, so unbefriedigend ist wie in SWL. Und das zieht sich durch jeden einzelnen Aspekt der Charakterentwicklung in SWL.
Während man in TSW problemlos jede Waffenkombination ausprobieren konnte und relativ einfach neue Waffen und ihre Kräfte freischalten konnte, ist das in SWL ein unglaublich zäher Prozess: aktive Kräfte einer Waffe werden deutlich schneller freigeschalten als passive Kräfte, da es allerdings keinerlei passiven Synergien zwischen den Waffen mehr gibt, steht man vor der Wahl, ob man eine neue Waffe sofort einsetzt, aber dann nur aktive Kräfte hernimmt, oder ob man ewig wartet, bis man endlich mit den passiven Kräften aufgeholt hat, aber wenigstens kann man dann die Skillslots füllen. Und nachdem das ganze Waffensystem eigentlich nur dann flüssig funktioniert, wenn die Hauptwaffe den Löwenanteil der Skillslots aufbraucht und die Nebenwaffe nur einen oder maximal zwei Slots verwendet, ist das Wechseln auf einen anderen Build mehr oder weniger davon abhängig, dass die Hauptwaffe aktive und passive Kräfte zur Verfügung hat.
Die Tatsachen, dass die Waffen in keinster Weise ausbalanciert sind (die Tankwaffe Hammer macht weitaus mehr Schaden als die DPSwaffe Schwert beispielsweise), unterschiedlich einfach zu verwenden sind (Schwert und Faust benötigen eine aktive Kraft, um ihr Gimmick zu aktivieren, Pistole und Hammer machen das automatisch) und manche einfach nicht gut als Hauptwaffe funktionieren (Elementarmagie …) macht die Sache nicht besser.

Ausrüstung dropt für gewöhnlich auf dem niedrigsten Level und der niedrigsten Qualitätsstufe und muss erst langwierig aufgelevelt werden, indem man dem Item anderen Gegenstände oder entsprechende XP-Kontainer verfüttert – und wenn man das Maximallevel erreicht hat, benötigt man einen zweiten, identischen Gegenstand der gleichen Qualitätsstufe auf dem Maximallevel, damit man per Fusion die Qualitätsstufe (und damit das neue Maximallevel) erhöhen kann. Oder in anderen Worten: neu gefundene Ausrüstung ist grundsätzlich nicht verwendbar, weil zu schwach und je länger man das Spiel spielt und seine vorhandene Ausrüstung aufrüstet, desto schwieriger wird es, neue Ausrüstung up to date zu bringen. Zusätzlich gibt’s für alle drei Ausrüstungsteile (Waffen/Talisman, Siegel, Glyphen) jeweils eine spezifische Multiplayer-Endgame Activity, von denen man den Hauptanteil der passenden XP-Kontainer kriegt. Wer eine dieser immer gleichen, langweiligen Activities nicht machen kann oder will, fällt in der Entwicklung zurück, weil XP-Kontainer nicht handelbar sind und Funcom beschlossen hat, dass Solo-Activities keine ordentlichen Belohnungen bringen sollen*.
Kurz gesagt: Funcom hat das von den Spielern in TSW so gehasste Aufleveln der AEGIS-Ausrüstung in SWL dadurch umgangen, dass AEGIS nicht mehr existiert … aber dafür benutzt nun jeder andere Ausrüstungsaspekt genau das gleiche System, so als wäre die Funktionalität des AEGIS das Problem gewesen und nicht sein Aufleveln.
Das Ganze lässt sich allerdings umgehen: mit genügend Echtgeld kann man die Premiumwährung Aurum kaufen (theoretisch auch mit ingame-Währung, aber da kriegt man Aurum extrem langsam) und die ausgeben, um all diese großen Zeitverschlinger zu überspringen.

* Also, um fair zu sein: Man muss keinen einzigen Cent in SWL stecken und keinerlei Multiplayer-Endgame-Content durchzuspielen, um die Story ohne Probleme zu erleben. Aber da ist man ziemlich schnell durch und dann gibt’s nichts mehr zu tun. Das Spiel ist – auch mangels PvP – nicht „Pay to Win“. Es ist „Pay to nicht genervt sein“.

Womit ich gleich das nächste und größte Problem anspreche: Funcom hat keine Ahnung, was die Spieler wollen und es interessiert sie auch nicht. Das alte TSW-Forum existiert zwar nach wie vor, Diskussionen über SWL sind darin allerdings verboten: entsprechende Threads werden geschlossen, wiederholte Versuche, SWL anzusprechen enden im Permabann.
Das neue „offizielle“ Forum ist reddit, wohin sich Funcoms Community Manager alle drei oder vier Wochen mal hin verirrt und grundsätzlich nur auf Lob antwortet, aber niemals auf Fragen oder Kritik, maximal noch auf einen Bugreport, aber das auch nicht immer. Die beste Möglichkeit, mit Funcom zu reden, ist alle vier Wochen mal auf Discord, wo sie jede Person, deren Fragen ihnen nicht gefallen, ohne Antwort einfach rausschmeißen können (aber das ist ja nicht Neues, das ist auch in der SWL Beta mit Leuten passiert, die mehr als nur Bugreports geschrieben haben …).
Funcom geht’s definitiv nicht (mehr?) um das Spielererlebnis, sondern einzig und allein darum, so viel Echtgeld durch Aurumkäufe und Lootboxen zu machen wie möglich bevor das Spiel endgültig in der Versenkung verschwindet. Der gesamte langweilige Grind und die Entfernung aller Alternativen dazu ist ausschließlich darauf ausgerichtet, dass die Spieler dazu angespornt werden, das Spielsystem zu umgehen und stattdessen Aurum ausgeben.

Es gibt nichts Neues in SWL. Alles, was da ist, ist eine abgespeckte Version von TSW (tatsächlich fehlen Missionen und Dungeons, die in TSW bereits existierten) und von der mysteriösen und doch so gehypten „second season“, die schon für TSW seit Anfang 2016 (!) angekündigt war, gibt es bisher erst einen einzigen Screenshot von einer eindeutig nicht fertiggestellten Location, die auch nicht anders ausschaut als ein paar Wellblechhütten in Al-Meraiya.

Ich glaube nicht mehr, das Funcom die Fähigkeit oder Bereitschaft hat, SWL in ein Spiel zu verwandeln, das dem Spieler ein langanhaltenden positives Spielerlebnis bereiten kann. Mal ganz davon angesehen, dass Fancom die Conan IP erworben hat, zwei neue Spiele im Conan-Universum rausbringen will und der CEO auf der Investorenversammlung bereits angekündigt hat, dafür Leute aus dem SWL-Bereich abzuziehen.

Aber ich mag den Hintergrund der Geheimen Welt immer noch sehr gern und kann mir gut vorstellen, ihn für ein – möglicherweise kampffokussiertes – Urban Legend P&P Rollenspiel zu verwenden. Vielleicht mach‘ ich mir die Entwicklung eines entsprechenden Systems zu meinem diesjährigen Projekt. Wäre sicher ein schöner Vorsatz für 2018.


Rückkehr in die Geheime Welt

Unsere Weisheit, sie fließt so süß. Koste sie und staune!

ÜBERTRAGUNG – Reinkarnationssignal initialisieren – EMPFANG – Circle of Life-Frequenz initialisieren – MAN SIEHT SICH IMMER ZWEIMAL – Rerun-Protokoll initialisieren – ERLEBE – Legenden neu erzählt.

Vor Jahren habe ich das MMO The Secret World schon einmal vorgestellt. Es war – und ist – immer noch eines meiner Lieblingsspiele, allerdings hatte TSW immer das Problem, dass sein sehr komplexes Spielsystem doch nur eine relativ kleine Spielerklientel ansprach, wenig Neulinge dazukamen und das Spiel nach und nach vereinsamte, was natürlich ein Problem, sowohl für die Macher des Spiels, Funcom, als auch für die Spieler selbst war.

Funcom hat deshalb beschlossen, TSW als Secret World Legends neu zu beleben. Die Server des Originals laufen weiterhin und TSW kann immer noch gespielt werden, wird aber nicht weiter geupdated werden. Stattdessen konzentriert sich Funcom auf SWL, das als Neuauflage dient. Es kam am 25. Juni mit Early Access für TSW-Spieler raus, kann seitdem auf der Spielwebsite runtergeladen werden und wird Ende Juli auch bei Steam erscheinen.

Willkommen zurück, Süßling!